4-Gang-Menü für zukünftige Rentnerinnen
rmgard Paßerschroer, Gleichstellungsbeauftragte des Kreises Borken, weist auf "Equal Care Day", "Equal Pay Day" und "Internationalen Frauentag" hin
Ein leckerer Start ins Rentendasein: Hochzeitssuppe, Salat, Zwiebelfleisch und Herrencreme samt Bier oder Wein. Doch was ist passiert, wenn diese Köstlichkeiten am Ende des jahrelangen Berufslebens einiger Frauen stattdessen aus Knäckebrot, Möhre, Kartoffel, Apfel und einem Glas Leitungswasser bestehen? "Dann sind diese Frauen von Altersarmut betroffen", sagt Irmgard Paßerschroer, Gleichstellungsbeauftragte des Kreises Borken. Vor diesem Hintergrund weist sie zusammen mit den anderen kommunalen Gleichstellungsbeauftragten im Kreis Borken anlässlich des "Equal Care Day" (1. März), "Equal Pay Day" (7. März) und "Internationalen Frauentages" (8. März) auf die noch immer bestehende berufliche und finanzielle Ungleichheit zwischen Frauen und Männern hin. Anhand eines "4-Gang-Menüs für zukünftige Rentnerinnen", verdeutlichen sie die Ursachen sowie Missstände und weisen auf mögliche Folgen hin.
Gang 1: Das Knäckebrot steht für ein geringes Einkommen der Frauen während des Erwerbslebens. Berufe mit hohem Frauenanteil, wie zum Beispiel in der Pflegebranche, sind schlechter bezahlt als ähnlich fordernde Berufe mit hohem Männeranteil. "Damit sich dies verändert, sind Politik und Gesellschaft gefordert, diese Berufe aufzuwerten", betont Irmgard Paßerschroer.
Gang 2: Die Möhre verdeutlicht die lange Berufstätigkeit, die jede zweite Frau in Teilzeit ausübt. "Hier gilt Vorsicht: Einerseits bietet Teilzeit die Möglichkeit, Familie und die Pflege der Angehörigen zu vereinbaren und andererseits aber auch die Gefahr einer geringeren Rente. Daher setzen wir uns als Gleichstellungsbeauftragte im Kreis Borken dafür ein, dass auch Männer ihre Stundenzahlen reduzieren, um ‚Care-Arbeit‘ zu leisten", sagt die Mitarbeiterin der Kreisverwaltung Borken. Die flexible Arbeitszeitgestaltung sowie die Möglichkeit, mobil oder im Homeoffice zu arbeiten, seien Schritte in die bessere Stundenverteilung beider Geschlechter. Auch die Themen Teilzeit und Führung könnten verbunden und gefördert werden, sodass Männer motiviert würden, ihre Frauen bei den familiären Aufgaben zu unterstützen.
Gang 3: Die Kartoffel symbolisiert die Armutsgefährdungsquote der Alleinerziehenden mit Kindern, die in Deutschland laut Statistischem Bundesamt aktuell rund 42 Prozent beträgt. "Um diesem Problem entgegenzuwirken, sollten beispielsweise Minijobs in sozialversicherungspflichtige Tätigkeiten umgewandelt werden. Des Weiteren ist es wichtig, dass Frauen über die mögliche Gefahr der Altersarmut informiert werden, für die Rente vorsorgen oder sich privat absichern", erklärt die Expertin. Genau dafür initiierten die Gleichstellungsbeauftragten die Fortbildungsreihe "Frau und Beruf", die Wiedereinstieg, Karriereplanung, Vereinbarkeit von Familie und Arbeit, Existenzgründung, Altersabsicherung sowie Gesundheitsförderung in den Blick nimmt.
Gang 4: Der Apfel stellt lange Kindererziehungszeiten ohne Einkommen dar. "Damit Frauen nach der Elternzeit wieder in den Beruf einsteigen können, muss die Betreuungssituation verbessert werden. Auch ist es unsere Aufgabe als Gleichstellungsbeauftragte, Frauen zu motivieren, beruflich ‚am Ball zu bleiben‘", sagt Irmgard Paßerschroer.
Zum Hintergrund:
Der "Equal Care Day" wurde 2016 ins Leben gerufen, um auf die ungleiche Verteilung der Zeitaufwendung für Sorgearbeit zwischen Frauen und Männern aufmerksam zu machen ("Gender Care Gap"). Dabei werden alle bezahlten und nichtbezahlten Care-Tätigkeiten im privaten, ehrenamtlichen und hauptberuflichen Bereich berücksichtigt. Die Organisatorinnen und Organisatoren des Aktionstages am 1. März setzen sich für mehr Wertschätzung und faire Verteilung der Sorgearbeit ein.
Der "Equal Pay Day" wurde 2011 zum ersten Mal europaweit begangen und markiert mit dem 7. März symbolisch den Tag, bis zu dem Frauen in Deutschland im Kalenderjahr ohne Lohn arbeiten, während Männer ab dem 1. Januar für ihr Tätigkeit bezahlt werden. Auf diesen bestehenden Lohnunterschied ("Gender Pay Gap") zwischen Frauen und Männern soll hingewiesen und gleichzeitig sollen mögliche Ursachen und Lösungsansätze aufgezeigt werden. Laut Statistischem Bundesamt beträgt die Entgeltlücke zwischen Frauen und Männern aktuell 18 Prozent.
Der "Internationale Frauentag" weist weltweit seit 1911 auf Frauenrechte und Gleichstellung der Geschlechter hin. Der Tag legt den Fokus auf bisherige Erfolge der Frauenbewegung und verdeutlicht gleichzeitig die noch immer bestehenden Diskriminierungen und Ungleichheiten gegenüber Frauen. Berlin ist seit 2019 das erste Bundesland, in dem der 8. März ein Feiertag ist. In diesem Jahr zieht Mecklenburg-Vorpommern nach.
Weitere Infos zum Thema Gleichstellung sowie zur Reihe "Frau und Beruf" sind auf der Internetseite des Kreises Borken unter https://kreis-borken.de/de/service/themen/gleichstellung/gleichstellung/dienstleistungen-aufgaben/ zu finden.